Archäologie (CCCLXXVIII): Proletenpassion 1976/2015 ff. - Wider die Vernutzungslogik
Die Proletenpassion: Eine Revolutionsoper, die plötzlich völlig zeitgemäß erscheint ... - meint Misik zur Proletenpassion 2015 ff. im Wiener WERK X - und zitiert den Rezensenten von “nachkritik.de”, der noch in Morgengrauen in Begeisterung ausbrach:
“Endlich! Endlich einmal nicht durch ein Übermaß an Ironie zerbrochenes Schulterzucktheater, endlich einmal keine gelähmte Ratlosigkeit, nur weil die Welt nun einmal eben so (komplex, undurchdringlich und widersprüchlich) ist, wie sie ist, endlich einmal Mut zur klaren politischen Haltung, obwohl – oder gerade weil – eine klare politische Haltung so schwierig, kompliziert und vorbelastet ist!”
Proletenpassion - Dritte Station : Die Pariser Kommune (1976)
Die widerliche Vernutzungslogik, die hinter solchen Konzepten steckt, wird nicht einmal im Ansatz problematisiert, ja vermutlich gar nicht mehr wahrgenommen. Im Gegenteil, damit wird geworben:
Die SPD will mit einem Einwanderungsgesetz vor allem den Nutzen ausländischer Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft unterstreichen und damit die positive Seite der Zuwanderung herausstellen.
So ist das: Der Wert eines Menschen bemisst sich nach dem Nutzen für die deutsche Wirtschaft.
Und dass wir alle - gouvernementalitätsmäßig - das so sehen, bemüht sich die sog. deutsche Sozialdemokratie nach Kräften.
Ein schöner Beitrag zur Verlottterung der Sitten und zum Verlust der moralischen Urteilsfähigkeit.
Ich frage immer - und werde ob des Vergleichs oft gescholten - wie weit das entfernt ist von der Selektion an der Rampe in Auschwitz.
(Vgl. Gespenst der Aufklärung Was hat es mit den »Werten des Westens« auf sich? Von Claus Peter Ortlieb, KONKRET 3/15)
“Endlich! Endlich einmal nicht durch ein Übermaß an Ironie zerbrochenes Schulterzucktheater, endlich einmal keine gelähmte Ratlosigkeit, nur weil die Welt nun einmal eben so (komplex, undurchdringlich und widersprüchlich) ist, wie sie ist, endlich einmal Mut zur klaren politischen Haltung, obwohl – oder gerade weil – eine klare politische Haltung so schwierig, kompliziert und vorbelastet ist!”
Proletenpassion - Dritte Station : Die Pariser Kommune (1976)
- ... Es muss für die Beteiligten an der jetzigen Produktion nicht leicht gewesen sein, sich diesem Stoff zu nähern: Wie entstaubt man eine Legende? Wie geht man mit dem Pädagogischen, dem Volksbildnerischen der Produktion um? Wie lässt man die versunkene Komintern-Romantik drin, ohne selbst unzeitgemäß zu werden? Wie schreibt man die Geschichte fort? Und: Will überhaupt noch jemand so ein Revolutionstheater? Keine leichte Aufgabe für Regisseurin Christine Eder, die Schauspieler Claudia Kottal, Tim Breyvogel, Bernhard Dechant und die anderen Beteiligten...
- Das Erstaunliche und Überraschende ist, dass all das funktioniert: Dass der Zuseher und die Zuseherin das Belehrende dieses Stückes, das Packende und Mobilisierende nicht etwa aus der Zeit gefallen und altmodisch erlebt, sondern es schier haben will. Dass wir das hören wollen: Dass die Geschichte des Fortschritts erst wieder in Gang kommt, wenn wir uns auf die Hinterbeine stellen und zusammentun. Proletariat? Papperlapapp. Wir sind die 99 Prozent! Utopien und der Glaube, dass es möglich ist, die Welt auf eine neue Spur zu bringen? Ja, bitte! Wir halten es ja nicht mehr aus in der Welt des alternativlosen Reichenrettens und des individuellen Hamsterradrennens. Der Agitprop ist plötzlich keine Schwäche mehr, er ist die Stärke dieser Produktion. Wer hätte das zu prophezeien gewagt? “Wir lernen im Vorwärtsgehen”, heißt es in der Schlusshymne.
Die widerliche Vernutzungslogik, die hinter solchen Konzepten steckt, wird nicht einmal im Ansatz problematisiert, ja vermutlich gar nicht mehr wahrgenommen. Im Gegenteil, damit wird geworben:
Die SPD will mit einem Einwanderungsgesetz vor allem den Nutzen ausländischer Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft unterstreichen und damit die positive Seite der Zuwanderung herausstellen.
So ist das: Der Wert eines Menschen bemisst sich nach dem Nutzen für die deutsche Wirtschaft.
Und dass wir alle - gouvernementalitätsmäßig - das so sehen, bemüht sich die sog. deutsche Sozialdemokratie nach Kräften.
Ein schöner Beitrag zur Verlottterung der Sitten und zum Verlust der moralischen Urteilsfähigkeit.
Ich frage immer - und werde ob des Vergleichs oft gescholten - wie weit das entfernt ist von der Selektion an der Rampe in Auschwitz.
(Vgl. Gespenst der Aufklärung Was hat es mit den »Werten des Westens« auf sich? Von Claus Peter Ortlieb, KONKRET 3/15)
- Schließlich, kurz vor Ende, kommt (noch einmal) "der Markt" zu Wort: Bernhard Dechant zeichnet ihn als verschüchterten Weichling, der sich nervös für seine Verfehlungen rechtfertigt und nun verschämt den Wohlstand für alle predigt. Wir kennen diesen Markt, der den meisten von uns ein trockenes Dach über dem Kopf, einen vollen Bauch und außerdem ein Handy, einen Laptop und Fernseher gönnt – und nicht wenigen noch einiges mehr. Aufgefordert, ruhig zu sein, mit Widerspruch konfrontiert, windet er sich heraus, stottert immer weitere Zugeständnisse hervor, bemüht sich als Menschenfreund, gestikuliert beschwichtigend, ohne zu überzeugen...
gebattmer - 2015/03/03 19:10
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