Wenn der Gewerkschaftsvorsitzende (der früher immer "größte Einzelgewerkschaft der Welt genannten IGM) meiner LieblingsHAZ (die gerade 60 geworden ist, aber deshalb nicht besser) ein Interview gibt, gibt er schonmal co-managementmäßig den Standort-und Kompetenz-Beauftragten:
Droht der Conti die Filetierung, etwa der Verkauf der Gummisparte?
Ich bezweifle, dass es im Sinne des Standorts Deutschland wäre, die Gummikompetenz aufzugeben.
Gummikompetenz ist ein wunderbares Wort! Gibt man es bei einer bekannten Suchmaschine ein, kann man leicht erkennen, das Kollege Huber sich keine Sorgen machen muss, weil 47900 Gummiklitschen in Deutschland im Hinblick auf Gummikompetenz gut aufgestellt sind, sag ich mal. Schön auch Hair Lehmann - Kompetenz für Ihr Haar, der eine Schmieratze namens Rubber Ball für's Express-Styling ohne Föhnen feilbietet: Ultra starker Schaum für ultra starke Stylings im Wet-Look. Zu Haarkompetenz fällt mir noch ein, dass vor einiger Zeit auf der Vahrenwalder Straße ein Frisör neu eröffnet und seinen Laden Rudi's Locken Puff genannt hat, - was freilich mehr in Richtung rubber competence geht, aber immerhin harmloser ist als Karl-Theo's Plötzensee Nummer:
Im September-Heft von KONKRET fragt der Chef nach dem Sinn solcher Rede*:
"Ein Gefängnishof verliert in der Regel nie seine Kälte. Eine Kälte, die sich über Insassen wie spätere Besucher zu legen weiß und die jedes Ausmaß an Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung reflektiert, wenn man gleichzeitig an den Mauern einer Hinrichtungsstätte steht..."
Wir halten einen Moment inne und repetieren: Eine Kälte, die Verzweiflung reflektiert, wenn man gleichzeitig an den Mauern einer Hinrichtungsstätte steht, weiß sich über Insassen und Besucher zu legen. Peter Sellers, der Inspektor Sidney Wang in 'Eine Leiche zum Dessert', hätte gefragt: "Was Bedeutung von dieses?"
"Auch in Plötzensee sucht zunächst eine eisige Hand den unerbittlichen Griff um das Herz. Um sich schließlich doch zu lösen. Dieser Ort ist anders. Hier verliert sich der tatsächliche Gegensatz von Gefangenendasein und Freiheit. Von Hinrichtung und Leben..."
Und was Bedeutung von dieses?
Nachtrag 27.08.: DeckenstreckKompetenz
„Ich finde es politisch einen Punkt, über den wir in diesem Land reden müssen, wenn sich alle zur Decke strecken, wenn alle Reserven mobilisieren und einer Abseits steht und herummäkelt ohne selbst einen einzigen Beitrag zu leisten zur Unterrichtsversorgung.“
Und was Bedeutung von dieses?
Vgl. auch Neusprech heute (zu fragen wäre, warum - wenn man diese interessante Seite macht - man ausgerechnet Schwurbel-Heidegger für's Motto zitieren muss: "Die Sprache ist das Haus des Seins" - andererseits: iss schon was dran: Haus kaputt!) und Müllers ABC des Neoliberalismus (das auch nicht ohne Bildung auskommt: „Die Dinge falsch benennen, heißt das Unglück der Welt zu vergrößern“, hat Albert Camus einmal gesagt. Erstens bin ich nicht sicher, ob der Satz der Umkehrprobe standhält, und zweitens erinnert mich die Floskel an ein Marx-Seminar - so um das Jahr 72 -, als ein Kommilitone einen Hans Schäfer (Name geändert) zitierte, der zum Wertgesetz gesagt habe .... und auf die Frage, wer denn Hans Schäfer sei, antwortete: Na ich!)
Oder wie Charles Lewinsky einmal sagte: Auf gar keinen Fall sollte man den Versuch machen, Arschdenker auf Kopfdenk umzuschulen!
Der scharfsinnige Georg Seeßlen schreibt im Freitag dieser Woche zum Start von Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" über die Traummaschine Hollywood und ihre stereotype Idee von den Nazis :
... Das ist das Wesentliche der Versuchsanordnung in vielen späteren Filmen: die Beziehung zwischen Nazi-Erscheinung und Nazi-Wesen. In Deutschland schreckte Carl Zuckmayer bei Aufführungen seines Stücks Des Teufels General auf, da ihm bewusst wurde, dass ein Großteil des Publikums nur gekommen war, um ungestraft Menschen in Nazi-Uniformen zu sehen. Der Genuss des Bildes und der Diskurs der Erzählung gingen im Film noch weiter auseinander. Immer wieder stellte sich auch im Hollywood-Film diese Frage: Der Inhalt ist die historische Wirklichkeit, eingeschlossen das Urteil, das die Nachwelt über die Nazis gesprochen hat. Die Form dagegen ist das unsterbliche Bild, das die Nazis von sich selber hatten und machten...
Mir fiel dazu diese Szene ein und mir stellt sich die Frage, ob dieser Film sich hier auch nicht von der ästhetischen Inszenierung des Faschismus lösen kann. (Ich meine, er kann: Ich empfand die Szene immer als die widerlichste - also gelungene - des Films, aber fragen Sie mich nicht warum ...)
Mit dem vorangegangenen Eintrag zum Botoxen der Großhirnrinde hat dieser nun insofern zu tun, als es in Herrn A.'s Roman um eine frühere Erscheinungsform des gleichen Phänomens geht, die man eher das Boxen der Großhirnrinde nennen muss und die in den 60er und frühen 70er Jahren beliebt war. Beiden gemeinsam ist das Ziel: die Optimierung von Lernprozessen zum Zwecke der sozialen Selektion. Wie gesagt: von der älteren Erscheinungsform des Phänomens handelt Herrn A.'s Roman, der hiermit nochmals empfohlen sei; - der folgende Auschnitt hat damit allerdings nur mittelbar zu tun:
Sie haben wie üblich in ihrer Ecke neben dem Flipper gehockt, der schon außer Betrieb ist, seit Appaz sich mit Kerschkamp am ersten Freitag jeden Monats im „Voss“ trifft. Und wie üblich war das Voss wieder brechend voll, nicht zum ersten Mal hat Appaz vorgeschlagen, dass sie sich vielleicht an einem anderen Tag treffen sollten...
Er und Kerschkamp haben jedenfalls ziemlich schnell hintereinander die ersten paar Bier getrunken, dann hat Kerschkamp sich "einmal Curry-Pommes“ bestellt. Appaz hat keinen Appetit gehabt, obwohl das Voss für seine Currywurst berühmt ist. Sogar der Ex-Kanzler ist für diese Currywurst früher ins Voss gekommen, noch zu seinen Juso-Zeiten, böse Zungen behaupten, dass von damals auch seine Abneigung gegen Lehrer rührt. Der Ex-Kanzler kommt jetzt nicht mehr, die Lehrer sind geblieben. Genauso wie die Dozenten, Ärzte und Anwälte, die den Stadtteil schon für sich entdeckt haben, als die Fünf- und Sechszimmerwoh-nungen in den ehemals hochherrschaftlichen Häusern aus der Jahrhundertwende auch für Wohngemeinschaften noch bezahlbar waren. Geblieben ist auch die Einrichtung, die, wenn überhaupt, das letzte Mal renoviert worden ist, lange bevor der Ex-Kanzler hier seine erste Currywurst bekommen hat. Und genauso geblieben ist der barsche Umgangston, mit dem die Bedienung jedem, der nicht zu den Stammgästen gehört, seinen Platz an einem der langen Holztische zuweist, ohne irgendeinen Widerspruch zu dulden. Geduzt werden ohnehin alle, und wer es aus Mangel an Erfahrung nicht besser weiß und sein Bier am Tisch bezahlen will, wird unwirsch mit den Strichen auf dem Deckel zur Theke geschickt; ein zweites Mal jeden-falls begeht keiner diesen Fauxpas. Seit kurzem hängt hinter der Theke eine Urkunde, die die Kneipe laut dem Londoner Guardian als „one of the best bars in Europe“ ausweist: „A typical German pub with local beer and delicious pub classics such as currywurst.“
Appaz’ Verhältnis zu dem Szenetreff ist eher gespalten, und als der Wirt Kerschkamp zu dessen fünfzigstem Geburtstag ausgerechnet hat, dass er im Laufe der Jahre bei ihm gut und gerne ein Reihenhaus in Bier umgesetzt hat, hat Appaz das bei weitem nicht so witzig gefun-den wie der überwiegende Teil der anderen Gäste. Allerdings ist auch Kerschkamp bei dieser Eröffnung merklich still geworden, was aber dennoch nicht zu einer Reduzierung seines Bier-konsums geführt hat. Und, ehrlich gesagt, kann man im Voss auch kaum etwas anderes tun, als Bier auf Bier zu trinken, die Akustik ist lausig und gleicht der einer Bahnhofshalle, spätes-tens ab zwanzig Uhr versteht man in den hohen Räumen kaum noch sein eigenes Wort.
An den Freitagabenden kommt erschwerend hinzu, dass sich im Keller eine Rockband ih-ren Übungsraum eingerichtet hat, Lehrer des benachbarten Gymnasiums, die die Jahre bis zu ihrer Pensionierung zählen und sich solange jeden Freitag aufs Neue mit respektabler Beharr-lichkeit ausgerechnet an Songs wie „Dead End Street“ versuchen. Meist aber scheitern sie schon an den ersten Taktwechseln, gleich nach der Zeile „What are we living for?“.
Appaz erinnert sich, wie die Glasscheibe des Flippers im Rhythmus der Bässe gezittert hat. Und wie Kerschkamp sich den letzten Bissen Currywurst in den Mund geschoben und gegen den Lärm angebrüllt hat: „Ich muss dir überhaupt noch eine Geschichte erzählen, du, was mir neulich passiert ist ...!“
Das war dann die Sache mit der Gummipuppe. Und Kerschkamp hat per Handzeichen noch mal zwei Bier geordert. Als kurz darauf die Bedienung kam und sich vorbeugte, um neue Kugelschreiberstriche auf ihre Deckel zu malen, brachte Kerschkamp seine Geschichte ein zweites Mal an. Diesmal allerdings war aus dem vorher nicht näher beschriebenen Mann ein Typ im Anzug geworden, der die Puppe aus dem Kofferraum seines Jaguars holte, „irgend so ein Banker oder Anwalt oder so was“, schrie Kerschkamp der Bedienung ins Ohr, und die Bedienung lachte und strich Kerschkamp im Weggehen wie zufällig über den Arm. Appaz ist sich nicht mehr so ganz sicher gewesen, was an Kerschkamps Geschichte nun eigentlich dran war. Außerdem hat er sich gefragt, ob Kerschkamp und die Bedienung sich womöglich besser kannten, als er bisher dachte.
Wenig später haben die Lehrer im Keller nach einer verunglückten Version von „Death of a Clown“ endgültig aufgegeben. Nacheinander kamen sie durch die Hintertür ins Voss und quetschten sich dann mit ihren Bieren in die Ecke zu Appaz und Kerschkamp. Sie kennen sich schon länger, einer der Lehrer hat Appaz’ Tochter früher in Deutsch unterrichtet. Und einige Male hat es Appaz auch durchaus genossen, sich in irgendwelche Diskussionen über den de-solaten Zustand des Bildungssystems verwickeln zu lassen. Heute allerdings hat er keine Lust auf die Mischung aus Wut und Verzweiflung und den zunehmenden Zynismus gehabt, mit dem die Lehrer versuchen, die letzten Jahre ihres Berufslebens zu überstehen.
Kerschkamp schien es ähnlich zu gehen, er hat Appaz einen kurzen Blick zugeworfen und sein Tabakpäckchen aus der Tasche geholt. Appaz hat sich vor ihm her zur Tür gedrängt.
Sie sind dann nicht die einzigen gewesen, die rauchend vor dem Voss auf dem Fußweg standen. Eine Frau nickte Appaz zu, er konnte sie beim besten Willen nicht einordnen, grüßte aber freundlich zurück. Kurz darauf hat er zum ersten Mal den Hund bellen gehört. Er erinnert sich jetzt auch, dass Kerschkamp noch irgendeinen Kommentar zu dem Bellen abgegeben hat. Vielleicht auch zu Hunden im Allgemeinen, zu herrenlosen Hunden, die einem nachts auf dem Rückweg aus der Kneipe plötzlich den Weg verstellen. Oder so ähnlich. Jedenfalls lehnte Kerschkamp an der Hauswand und laberte ohne Pause, als wollte er die durch die Lautstärke im Voss verlorengegangene Redezeit wieder wettmachen. Und er hat schon deutlich Mühe gehabt, die Konsonanten klar voneinander zu trennen.
Aber Appaz hat sowieso nur halb hingehört. Weil er sich ärgerte, nicht vor der Raucher-pause noch mal pinkeln gegangen zu sein, und jetzt überlegen musste, ob er sich wieder den langen Weg zurück durch die Menschenmassen bis zum Klo quetschen sollte.
Und dann hat Kerschkamp plötzlich gesagt: „Wir gehen da hin, du und ich. Wir beide. Und dann mischen wir den Laden mal so richtig auf.“
„Was? Wohin?“
„Habe ich doch eben erzählt! Ein Abitreffen, von unserem alten Jahrgang. Wo sie uns im-mer nicht einladen, du weißt schon. Aber diesmal hab ich den Termin im Netz entdeckt. Und wir gehen dahin, ist doch wohl klar!“
Appaz hat einen Moment gebraucht, bis er begriff. Ein Klassentreffen, dreiunddreißig Jah-re nach dem Abitur, bei dem sie damals mit Pauken und Trompeten durchgefallen sind. Wes-halb sie auch bisher nie eingeladen wurden, wenn ihre ehemaligen Mitschüler irgendein run-des Jubiläum feierten. Aber jetzt hatte Kerschkamp den Termin also in irgendeiner Leute-Such-Maschine entdeckt und war offensichtlich wild entschlossen, es ihnen allen heimzuzah-len.
„Ohne mich“, hat Appaz nach kurzem Zögern erklärt, „ich will da nicht hin.“
„Du musst! Alleine mache ich das nicht.“
Und dann hat Appaz so was wie einen Filmriss. Sie müssen wohl noch eine Weile mit den Lehrern zusammengesessen haben, Appaz meint sich undeutlich an eine hitzige Diskussion über die neue CD von Jack Bruce erinnern zu können, dass Robin Trower zwar ohne Frage ein exzellenter Gitarrist ist, aber kaum Raum für Jack Bruce selber lässt. Und dass solche Ex-perimente ohnehin keinen Sinn machen, nachdem Bruce, Clapton und Baker ja mit ihrem Reunion-Konzert in der Royal Albert Hall bewiesen haben, dass nichts über die alten Songs von Cream geht, in der alten Besetzung! Später dann hat Kerschkamp sein Fahrrad neben Ap-paz hergeschoben, um ihn noch bis zur nächsten Ecke zu bringen. Es hat angefangen zu nie-seln, Appaz hat sich den Reißverschluss seiner Lederjacke zugezogen, als Kerschkamp pin-keln musste, hat Appaz solange das Fahrrad gehalten. Und kurz vor ihrem Abschied hat Kerschkamp noch zu einem erleuchteten Fenster hinaufgezeigt und gesagt: „Weißt du noch? Da oben waren wir mal zusammen auf einer Fete! Das muss elfte Klasse oder so gewesen sein, mit den ganzen alten Leuten noch. Wäre doch vielleicht sogar ganz schön, die alle mal wieder zu sehen, oder? Also überleg es dir, Alter, ich rufe dich an!“
Damit hat er sich auf sein Rad geschwungen und ist in Schlangenlinien in die Fußgänger-zone eingebogen.
Und Appaz hat den Mann mit dem Beil im Kopf gesehen.
Den Hinweis auf Fritz Stavenhagens Seite verdanke ich norberto42, dem zuzustimmen ist : ein ausgezeichneter Sprecher (Rezitator), hörenswert und Gedichte im Sprechen/Hören erschließend.
Über das Heinrich Heine Portal kann man übrigens sich in allen Heine-Ausgaben wunderbar verlieren .... und z. B. folgenden Brief finden:
Ew. Excellenz
bitte ich, mir das Glück zu gewähren einige Minuten vor Ihnen zu stehen. Ich will gar nicht beschwerlich fallen, will nur Ihre Hand küssen und wieder fort gehen. Ich heiße H. Heine, bin Rheinländer, verweile seit kurzem in Göttingen, und lebte vorher einige Jahre in Berlin, wo ich mit mehreren Ihrer alten Bekann-ten und Verehrern (dem seel Wolf, Varnhagens &c) umging, und Sie täglich mehr lieben lernte. Ich bin auch ein Poet, und war so frey Ihnen vor 3 Jahren meine „Gedichte“ und vor anderthalb Jahren meine „Tragödien nebst einem lyrischen Intermezzo“ (Ratkliff u Almansor) zuzusenden.
Außerdem bin ich auch krank, machte deßhalb vor 3 Wochen eine Gesund-
heitsreise nach dem Harze, und auf dem Brocken ergriff mich das Verlangen
zur Verehrung Göthes nach Weimar zu pilgern. Im wahren Sinne des Wortes
bin ich nun hergepilgert, nemlich zu Fuße und in verwitterten Kleidern, und erwarte die Gewährung meiner Bitte, und verharre
Der Besuch dauerte in der Tat nicht lange, weil Harry den Goethe, wenn die Anekdote denn stimmt, schwer verstimmt hat: Und womit beschäftigen Sie sich jetzt, junger Mann? – Mit einem „Faust“.
... bemerkt man erst später wieder, dass einem etwas fehlt, z. B. wenn ein 50. Todestag zu melden ist. Boris Vians Le Déserteur lernte ich erst nach dem Abi bei den französischen Freunden in Aix kennen, aber das Lied begründete nachträglich nochmal meine Kriegsdienstverweigerung. Die Platte habe ich mir gebraucht in Aix auf dem Markt gekauft; ich habe sie immer noch. Und dann: Die Ameisen ...
Da hat also einer Todestag, und keiner merkt es so richtig (na ja, doch, wir Eingeweihten, wir Adepten und scheuen Liebhaber schon. Mal sehen, welche Zeitung heute etwas bringt). Dieses Vergessenwerden hätte ihn vielleicht sogar ein wenig amüsiert, daß keiner mehr weiß; nein, und er hätte gewiß nichts dagegen gehabt, wenn ein wenig gefeiert und dem Alkohol sowie den Zigaretten zugesprochen würde (aber nur von den Eingeweihten), so wie es vielleicht auf einer der wilden Surprise-Partys, die er grandios-witzig in „Drehwurm, Swing und Plankton“ beschrieb, ohne größere Umstände und Hemmungen betrieben wurde und wie es zu Boris Vians Zeiten im Pariser Quartier Latin, am Saint- Germain-des-Près (und nicht nur dort) in den Vierzigern üblich war zu feiern. All die Tricks, wie man auf Partys die besten Frauen abgreift.
Wer aber war Boris Vian?, werden einige fragen, denn die Informationen über ihn sind nicht sehr breit gestreut. ..
16. Juni 2009 - 20:00
Große Ur-Lesung mit Betonung und Hut aus dem neuen Roman
von Kurt Appaz
Mit
Helga Lauenstein, Claire Lütcke, Laetitia Mazzotti, Mark
Eichenseher, Wolfram Hänel, Christoph Linder, Frank "Flaco"
Matzke, Peter Przychodniak, Harald Schandry, Richie Thurlow.
Dramaturgie: Ulrike Gerold, Hilkje Hänel
Eine Kooperation von Kurt Appaz, dem Theater an der Glocksee und dem Kleckstheater / hannoversche Kammerspiele.
Gefördert vom Kulturbüro der Stadt Hannover.
Büchertisch: Lehmanns Buchhandlung, Hannover.
Ein Mann mit einem Beil im Kopf kommt frühmorgens aus der U-Bahn
gewankt, ein anderer bringt seine Beate Uhse-Puppe zur Tankstelle, um
Luft aufzufüllen, im Luxusschrebergarten serviert eine Sternekoch
Bratwürstchen für den Ex-Kanzler - und Appaz und Kerschkamp
fahren 33 Jahre nach dem Abitur auf ein Klassentreffen ins Landheim des
Gottfried-Wilhelm-Gymnasiums. Aber während die ehemaligen
Mitschüler zunehmend belanglose Anekdoten aus der gemeinsamen Zeit
zwischen 1966 und 1975 erzählen, haben Appaz und Kerschkamp mit
der Schule noch eine Rechnung offen, die sie gerne begleichen
würden. Als dann plötzlich jemand auftaucht, an den sich
keiner mehr erinnern kann, gerät die Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit unerwartet außer Kontrolle.
"Ein großer Generationenroman zwischen Witz und Melancholie, der
mit erfrischender 'Political Incorrectness' auch die Konfrontation mit
den vorgeblichen Helden von heute nicht scheut. Ein Stück
deutscher Geschichte, das '1968' noch einmal aus dem Blickwinkel des
damals Zwölfjährigen lebendig werden lässt: Es geht um
den Ausbruch aus der häuslichen Spießigkeit, um 'Beatmusik',
lange Haare, das erste Moped, den ersten Joint, den ersten Sex und den
Traum von der Revolution – und es geht um die Generation der
Eltern und Lehrer, deren hilflose Überforderung nur allzu oft in
Ignoranz und Repression umschlug ... Gleichzeitig eine dramatische
Schülergeschichte, die sich unter veränderten Vorzeichen auch
heute noch oder wieder genau so ereignen könnte!" (R. Sikora) www.haenel-buecher.de www.kurt-appaz.de
Weissgarnix über den voyeuristischen Blick auf die Opfer der Krise:
Nun gibt es auf MSNBC eine interessante Fotoserie aus Sacramento. Dort existieren heute wieder - wie während der Großen Depression im Jahr 1936 - Zeltstädte von Obdachlosen. Sacramento ist von der Immobilienkrise schwer getroffen. MSNBC vergleicht die heutigen Fotos mit denen von 1936. Interessant ist der unterschiedliche Blick der Fotografen.
1936 machte die Fotografin Dorothea Lange zwar das Elend sichtbar, aber sie ließ den Betroffenenen ihre Würde. Etwa hier. Man sieht der Frau ihre Resignation an. Sie ist müde vom Kampf gegen Lebensumstände, die ihr aufgezwungen worden waren. Aber Dorothea Lange vermied jeden Voyeurismus in ihrem Portrait - und blieb auf Distanz. Obwohl diese Frau damals fast nichts mehr hatte, bestimmt der Respekt vor der Privatssphäre die Perspektive der Fotografin. Auf diese Weise ist ihr ein eindrucksvolles Portrait gelungen. Das Elend fast verhöhnend, wirkt die junge Frau auf ihre Art schön. Es ist ein beeindruckendes Bild von enormer Tiefenwirkung. Es berührt. Demgegenüber dieses Bild von heute. Auch aus Sacramento. Die LKW Fahrerin Karen Hersh hat keine Chance, ihre Würde zu erhalten. Sie wird von Justin Sullivan dabei beobachtet wie sie ihr Zelt aufräumt. Sie sitzt mitten in ihren Habseligkeiten und wirkt wie ein gestrandeter Wal. Dabei ist es völlig egal, ob sie nun übergewichtig ist oder nicht. In dieser Position hätte niemand die Chance gut auszusehen - noch nicht einmal die unsägliche Heidi Klum, deren Beruf die Viehhaltung junger Frauen ist und die auf ihre Art das geistige Elend unsere Zeit verkörpert. Offenbar hat dieser Fotograf wie das deutsche Topmodel kein Gefühl für Respekt. Er hält brutal drauf und schießt sein Objekt einfach ab - ohne diese Gefühllosigkeit hätte er auf das Foto wohl verzichtet.
Toll, wie die Makatsch die alte Knef spielt - und Heino Ferch als Kai Hawaii!!! Klasse!
- Alles angespielt: Von Hildes Flirt mit den Nazi-Punks ("Führer, grüß mir die Sonne"*) bis zum banalen Ende ...
Überhaupt ist die Ähnlichkeit frappierend, was aber nichts daran ändert, dass man in "Hilde" über die Knef so gut wie nichts erfährt. Der Film ist weniger eine Biografie als ein Schaufenster des deutschen Unterhaltungskinos. Er zeigt, wie unsere Produzenten ihre Erfolge zu erringen hoffen: Mit geschmeidigen Inszenierungen, ordentlichen Schauwerten und dem unvermeidlichen historischen Nazi-Kolorit.
Der einzig aufschlussreiche Teil des Films spielt in den Wochen vor und nach der deutschen Kapitulation. In den letzten Kriegstagen schließt sich Hildegard Knef dem Volkssturm an, versteckt ihr verräterisches Haar unter einem Stahlhelm und gerät, von marodierenden Soldaten unbehelligt, in russische Gefangenschaft. Mit dem Lagerarzt findet sich ein Arrangement, das der Ausflucht der Anonyma ähnelt, von Wessel aber nur angedeutet wird. Bei Knefs Heimkehr sagt ihre Mutter dann zur Begrüßung: Ich will gar nicht wissen, was dir alles zugestoßen ist.
Mutters Wunsch ist Wessel Befehl. In "Hilde" wird eine Form der Erinnerung gepflegt, die deutsche Schuld und deutsche Sühne ständig dunkel heraufbeschwört, von beidem aber eigentlich nichts wissen will. Richtig kurios wird diese Methode, wenn die Opfer des Nazireichs in Hildes Leben treten. Kurt Hirsch, ihr erster Ehemann, hat seine Familie in den Konzentrationslagern verloren und ist als amerikanischer Besatzer in die Heimat seiner Eltern zurückgekehrt. Eines Tages führt er die junge Hilde zu einer Filmvorführung des russischen Kommandos aus, wo sie zum ersten Mal Bilder von den Leichenbergen sieht. Auf der Rückfahrt beschwört Hirsch seine Geliebte, sich deswegen nicht schuldig zu fühlen: "Wir sind doch alle Überlebende."
Natürlich sind wir das, und außerdem wurden aus Liebe schon ganz andere Dummheiten gesagt. Doch steht Hirsch mit seiner Sorge nicht allein. Auch der von den Nazis aus dem Land gejagte Filmproduzent Erich Pommer fühlt sich berufen, die als Nazi-Liebchen verdächtige Protagonistin symbolisch von allen Sünden freizusprechen und sich gleich noch für etwaige moralische Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Das alles ist zwar gar nicht so weit von der bundesrepublikanischen Wirklichkeit entfernt: Erstaunlich schnell fanden die Westmächte, Deutschland habe genug gelitten, und bauten es als sicheres Bollwerk gegen den Feind im Osten auf. Trotzdem kann man sich nur wundern, dass ein deutscher Film seine Heldin auf diesem heiklen Umweg exkulpiert. fr-online 11.03.09
(* ganz üble Dinger übrigens bei youtube unter "Flieger, grüß mir die Sonne" ....)
"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt."
Charles Lewinsky, Der A-Quotient
Wise Man Says II
"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater."
Frank Zappa
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