GBlog&search

 

GBlog&count



GBlog&listen


Van Morrison
Roll with the Punches


Chilly Gonzales und Jarvis Cocker
Room 29


Blackfield (Aviv Geffen & Steven Wilson)
Blackfield V


Jeff Beck
Loud Hailer




Daniel Hope
Escape to Paradise


Daniel Hope
Spheres


Jonathan Rudess
Explorations


Animals As Leaders
The Joy Of Motion


Colosseum
Valentyne Suite


Jack Bruce
Harmony Row


Spooky Tooth
Spooky Two



Utopia
Ra


Richie Havens
Nobody Left to Crown




Dimitri Schostakowitsch, Mariss Jansons
Sinfonien 1-15


Moondog & the London Saxophoni
Sax Pax for a Sax

GBlog&read - Nutzen Sie die Hinweise zur Orientierung und kaufen Sie dann beim Buchhändler um die Ecke



Uwe Timm
Ikarien



Christoph Ransmayr:
Cox oder Der Lauf der Zeit





Steffen Kopetzky
Risiko


José Saramago
Kain


Eva Menasse
Quasikristalle


Roberto Bolaño
2666


Tschingis Aitmatow
Der erste Lehrer


Uwe Timm
Rot


Leonardo Padura
Adiós Hemingway


Antonio Skarmeta
Mit brennender Geduld


Jose Saramago
Die Stadt der Blinden


Edgar Hilsenrath
Nacht: Roman



Rolf Dubs
Lehrerverhalten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Welterklaerung

Archäologie XXIV - 25.05.1958

Auf den Seiten der University of Texas at Austin, und dort bei den Contents des Harry Ransom Center, finden sich die Mitschnitte der Interviews von Mike Wallace in Night Beat, einer 1956 bis 1958 ausgestrahlten Reihe von Gesprächen mit interessanten Köpfen der damaligen USA. (Die dazugehörigen Körper sind auch dabei, bleiben aber ein wenig unbeachtet).

61 Gespräche davon existieren im Original (16 mm) und stehen als Online-Video in voller Länge bereit. Die Mischung der Gäste ist...eklektisch. Eldon Edwards erklärt die "Position" des Ku Klux Klan und hat dabei ein fesches Zipfelmützchen auf. Kirk Douglas berichtet von den Dreharbeiten zu seinen Filmen. Mafia-Anwalt Edward Bennett Williams (der auch Senator McCarthy vertrat) erklärt das Rechtssystem des Landes. Meine persönlichen Favoriten sind Peter Ustinov und Erich Fromm, aber auch der zwölf Jahre alte Quizshow-Gewinner Leonard Ross, der sich über die Gefahren von Quizshows für Jugendliche äussert....

via tp

Fromm

Erich Fromm vor 50 Jahren u.a.:
...
WALLACE: Well, that's the point. At the same time you make this apparently contradictory statement, because you also said, earlier this week: "If the United States goes on in the direction it is taking, it is in serious danger of destroying itself." Now how? In what ways?

FROMM: Well, Mr. Wallace, I would say, if I would put it generally, because in our enthusiasm to dominate nature and to produce more material good - goods - we have transformed means into ends. We've wanted to produce more in the 19th century and the 20th century in order to give man the possibility for more dignified human life; but actually what has happened is that production and consumption have become means-- have ceased to be means and have become ends, and we are production crazy and consumption crazy.

WALLACE: Well, I would like to get your views, with that as a background. I'd like to get your views as a psychoanalyst on specific instances - on what is happening to us as individuals. For instance, what would you say is happening to man, American man, in relationship to his work?

FROMM: I think his work is to a large extent, meaningless, because he is not related to it. He is increasingly part of a big machinery, social machinery, governed by a big bureaucracy......and I think American man unconsciously hates his work very often, because he feels trapped by it...imprisoned by it... because he feels that he is spending most of his energy for something which has no meaning in itself.
...


Erstaunlich, was vor 50 Jahren im US-TV zu sehen und zu hören war!
The history of man so far is nothing to brag about, from the standpoint of our ideas--

Update 11/08:
Liebe im Kapitalismus

Bewußtsein ohne Gehirn?

Nicht erst im Jahr 2008 sonnen sich deutsche Spitzenpolitiker im Glanz seiner Heiligkeit, des Dalai Lama. Colin Goldner beschrieb das Phänomen bereits in KONKRET 9/2000:
dalai_lamaZugegeben, der Mann ist ein Phänomen. Dutzende von Büchern sind über ihn geschrieben und Filme gedreht worden, ganzen Generationen und Kontinenten gilt er als Inbegriff von Friedfertigkeit, Güte und in stoischem Gleichmut ruhender Erkenntnis. Er rage, wie es in einer der zahllosen Hymnen über ihn heißt, über die Menschheit hinaus "wie der Himalaya über alle anderen Gipfel unseres Planeten: zeitlos, gigantisch, respektvoll, tolerant, geduldig, bescheiden, schlicht, humorvoll, herzlich, sanft, geschmeidig, erdhaft, harmonisch, transparent, rein und immer wieder lachend und lächelnd". Die Rede geht, unschwer zu raten, um den Dalai Lama, Gottkönig Tibets, der, wie es weiter heißt, "in einer Welt der Böswilligkeit, des Materialismus und der Korruption den guten Willen, die Sphäre des Geistes und die Lotosblume der Reinheit" repräsentiere, "im Wirbel der Nichtigkeiten und der Hektik den Sinn und die Ruhe und die Festigkeit". Und so fort, ohne Ende.
weiter ...

Dalai-skop

Update 0708:
Berthold Seliger
Wir sind alle Tibeter

Update später 0708:
Leo Fischer
Tibet - Die verbotene Stadt
Geheimnisse eines Mysteriums

Tibet, rätselhafter Enigmastaat im ewigen Eis! Ein Land, in dem geheimnisvolles Elend und zauber­hafte Armut sich die Hand in den Mund geben; ein Land, in dem schon Vorschul­kinder die Chance haben, von ihren Eltern an verdrehte Mönche verkauft zu werden; ein Land schließlich, das man sehr leicht mit Nepal verwechseln kann, besonders wenn man eine westliche Nachrichtenagentur ist. Tibet, Dach der Welt oder Dachschaden der Weltgesellschaft?

Wirklichkeit III: Realität noch einmal gepatcht

Guten Tag! Als Nutzer der Realität möchten wir Sie darauf hinweisen, daß ein neuer Patch zum Download bereitsteht. Nur eine gepatchte Realität bietet Ihnen maximale Sicherheit vor Hackerangriffen aus Paralleluniversen oder Ihrer eigenen Phantasie. Dies ändert sich in Version 1.2a:

* Alle Ressourcen sind jetzt gleichmäßig über die gesamte Wirklichkeit verteilt. Die bisherige Aufteilung führte oft zu Streit unter den Nutzern. Die Kontinente sind jetzt ungefähr gleich groß und nutzen den vorhandenen Stauraum besser aus. Die Strände sind jetzt überall schön
* Sie können jetzt mit anderen Realitäts-Nutzern kommunizieren! Mit dem Voice-over-Stimmbänder-Plugin ist es nun ganz einfach, mit anderen Usern über neuen Realitätscontent zu diskutieren - vorausgesetzt, der andere Nutzer hat seinen Head gerade auf on gestellt
* Nachdem im letzten Patch ein Bug entfernt wurde, ging ein Schiff plötzlich unter; wir bedauern dies und haben den Passagieren noch einmal zwanzig Frei-SMS und ein Extraleben gutgeschrieben
* Es ist jetzt möglich, Geld von dieser Welt in die nächste mitzunehmen. Die alte "Letztes-Hemd-hat-keine-Taschen"-Doktrin wurde auf vielfachen Wunsch zurückgenommen
* Überall in der Realität sind jetzt Treueherzchen versteckt, die sie sammeln und an der Kasse gegen Bonusmeilen tauschen können. Der Wechselkurs "Bonusmeilen : Koffersets" wurde eingefroren, um der schleichenden Abwertung des Treueherzchens entgegenzusteuern
* Mit "Tibet" ist ein neuer Level dazugekommen, in dem hochstufige Charaktere bessere Beute erhalten können. Die beliebten PVP-Bereiche Afghanistan, Irak und Heidepark Soltau erhalten Support bis ins Jahr 2015 ...

Ganz witzig die Titanic schon am [24.03.2008]

Nützliches Wissen II - Geld

<562>||XLI| Wenn die Empfindungen, Leidenschaften etc. des Menschen nicht nur anthropologische Bestimmungen im [engeren] Sinn, sondern wahrhaft ontologische Wesens-(Natur-)bejahungen sind – und wenn sie nur dadurch wirklich sich bejahen, daß ihr Gegenstand sinnlich für sie ist, so versteht sich, 1. daß die Weise ihrer Bejahung durchaus nicht eine und <563>dieselbe ist, sondern vielmehr die unterschiedne Weise der Bejahung die Eigentümlichkeit ihres Daseins, ihres Lebens bildet; die Weise, wie der Gegenstand für sie, ist die eigentümliche Weise ihres Genusses; 2. da, wo die sinnliche Bejahung unmittelbares Aufheben des Gegenstandes in seiner selbständigen Form ist (Essen, Trinken, Bearbeiten des Gegenstandes etc.), ist dies die Bejahung des Gegenstandes; 3. insofern der Mensch menschlich, also auch seine Empfindung etc. menschlich ist, ist die Bejahung des Gegenstandes durch einen andren, ebenfalls sein eigner Genuß; 4. erst durch die entwickelte Industrie, i.e. durch die Vermittlung des Privateigentums, wird des ontologische Wesen der menschlichen Leidenschaft sowohl in seiner Totalität als in seiner Menschlichkeit; die Wissenschaft vom Menschen ist also selbst ein Produkt der praktischen Selbstbetätigung des Menschen; 5. der Sinn des Privateigentums – losgelöst von seiner Entfremdung – ist das Dasein der wesentlichen Gegenstände für den Menschen, sowohl als Gegenstand des Genusses wie der Tätigkeit. –

Des Geld, indem es die Eigenschaft besitzt, alles zu kaufen, indem es die Eigenschaft besitzt, alle Gegenstände sich anzueignen, ist also der Gegenstand im eminenten Besitz. Die Universalität seiner Eigenschaft ist die Allmacht seines Wesens; es gilt daher als allmächtiges Wesen … Das Geld ist der Kuppler zwischen dem Bedürfnis und dem Gegenstand, zwischen dem Leben und dem Lebensmittel des Menschen. Was mir aber mein Leben vermittelt, das vermittelt mir auch das Dasein der andren Menschen für mich. Das ist für mich der andre Mensch.

"Was Henker! Freilich Händ’ und Füße
Und Kopf und Hintre, die sind dein!
Doch alles, was ich frisch genieße,
Ist des drum weniger mein?
Wenn ich sechs Hengste zahlen kann
Sind ihre Kräfte nicht die meine?
Ich renne zu und bin ein rechter Mann
Als hätt’ ich vierundzwanzig Beine."
Goethe, Faust (Mephisto) [33]

Shakespeare im Timon von Athen:

"Gold? Kostbar, flimmernd, rotes Gold? Nein, Götter!
Nicht eitel ficht’ ich.
So viel hievon macht schwarz weiß, häßlich schön;
Schlecht gut, alt jung, feig tapfer, niedrig edel.
Dies lockt … den Priester vom Altar;
Reißt Halbgenesnen weg das Schlumrnerkissen:
<564>Ja, dieser rote Sklave lost und bindet
Geweihte Bande; segnet den Verfluchten;
Er macht den Aussatz lieblich, ehrt den Dieb
Und gibt ihm Rang, gebeugtes Knie und Einfluß
Im Rat der Senatoren; dieser führt
Der überjähr’gen Witwe Freier zu;
Sie, von Spital und Wunden giftig eiternd,
Mit Ekel fortgeschickt, verjüngt balsamisch
Zu Maienjugend dies. Verdammt Metall,
Gemeine Hure du der Menschen, die
Die Völker tört"

Und weiter unten:

"Du süßer Königsmörder, edle Scheidung
Des Sohns und Vaters! glänzender Besudler
Von Hymens reinstem Lager! tapfrer Mars!
Du ewig blüh’nder, zartgeliebter Freier,
Des roter Schein den heil’gen Schnee zerschmelzt
Auf Dianas reinem Schoß! sichtbare Gottheit,
Die du Unmöglichkeiten eng verbrüderst,
Zum Kuß sie zwingst! du sprichst in jeder Sprache,
||XLII| Zu jedem Zweck! o du, der Herzen Prüfstein!
Denk, es empört dein Sklave sich, der Mensch!
Vernichte deine Kraft sie all verwirrend,
Daß Tieren wird die Herrschaft dieser Welt!" [34]

Shakespeare schildert das Wesen des Geldes trefflich. Um ihn zu verstehn, beginnen wir zunächst mit der Auslegung der goethischen Stelle.

Was durch das Geld für mich ist, was ich zahlen, d. h., was das Geld kaufen kann, das bin ich, der Besitzer des Geldes selbst. So groß die Kraft des Geldes, so groß ist meine Kraft. Die Eigenschaften des Geldes sind meine – seines Besitzers – Eigenschaften und Wesenskräfte. Das, was ich bin und vermag, ist also keineswegs durch meine Individualität bestimmt. Ich bin häßlich, aber ich kann mir die schönste Frau kaufen. Also bin ich nicht häßlich, denn die Wirkung der Häßlichkeit, ihre abschreckende Kraft ist durch das Geld vernichtet. Ich – meiner Individualität nach – bin lahm, aber das Geld verschafft mir 24 Füße; ich bin also nicht lahm; ich bin ein schlechter, unehrlicher, gewissenloser, geistloser Mensch, aber das Geld ist geehrt, also auch sein Besitzer. Das Geld ist das höchste Gut, also ist sein Besitzer gut, das Geld überhebt mich überdem der Mühe, unehrlich zu sein; ich werde also als ehrlich präsumiert; ich bin geistlos, aber das Geld ist der wirkliche Geist aller Dinge, wie sollte sein Besitzer geistlos sein? Zudem <565>kann er sich die geistreichen Leute kaufen, und wer die Macht über die Geistreichen hat [1*], ist der nicht geistreicher als der Geistreiche? Ich, der durch das Geld alles, wonach ein menschliches Herz sich sehnt, vermag, besitze ich nicht alle menschlichen Vermögen? Verwandelt also mein Geld nicht alle meine Unvermögen in ihr Gegenteil?

Wenn das Geld das Band ist, das mich an das menschliche Leben, das mir die Gesellschaft, das mich mit der Natur und den Menschen verbindet, ist das Geld nicht das Band aller Bande? Kann es nicht alle Bande lösen und binden? Ist es darum nicht auch das allgemeine Scheidungsmittel? Es ist die wahre Scheidemünze, wie das wahre Bindungsmittel, die […] [2*] chemische Kraft der Gesellschaft.

Shakespeare hebt an dem Geld besonders 2 Eigenschaften heraus:

1. Es ist die sichtbare Gottheit, die Verwandlung aller menschlichen und natürlichen Eigenschaften in ihr Gegenteil, die allgemeine Verwechslung und Verkehrung der Dinge; es verbrüdert Unmöglichkeiten;

2. Es ist die allgemeine Hure, der allgemeine Kuppler der Menschen und Völker.

Die Verkehrung und Verwechslung aller menschlichen und natürlichen Qualitäten, die Verbrüderung der Unmöglichkeiten – die göttliche Kraft –des Geldes liegt in seinem Wesen als dem entfremdeten, entäußernden und sich veräußernden Gattungswesen der Menschen. Es ist das entäußerte Vermögen der Menschheit.

Was ich qua Mensch nicht vermag, was also alle meine individuellen Wesenskräfte nicht vermögen, das vermag ich durch das Geld. Das Geld macht also jede dieser Wesenskräfte zu etwas, was sie an sich nicht ist, d. h. zu ihrem Gegenteil.

Wenn ich mich nach einer Speise sehne oder den Postwagen brauchen will, weil ich nicht stark genug bin, den Weg zu Fuß zu machen, so verschafft mir das Geld die Speise und den Postwagen, d.h., es verwandelt meine Wünsche aus Wesen der Vorstellung, es übersetzt sie aus ihrem gedachten, vorgestellten, gewollten Dasein in ihr sinnliches, wirkliches Dasein, aus der Vorstellung in das Leben, aus dem vorgestellten Sein in das wirkliche Sein. Als diese Vermittlung ist das [Geld] die wahrhaft schöpferische Kraft.

Die demande [3*] existiert wohl auch für den, der kein Geld hat, aber seine demande ist ein bloßes Wesen der Vorstellung, das auf mich, auf den 3ten, <566>auf die [anderen] ||XLIII| keine Wirkung, keine Existenz hat, also für mich selbst unwirklich, gegenstandlos bleibt. Der Unterschied der effektiven, auf das Geld basierten und der effektlosen, auf mein Bedürfnis, meine Leidenschaft, meinen Wunsch etc. basierten demande ist der Unterschied zwischen Sein und Denken, zwischen der bloßen in mir existierenden Vorstellung und der Vorstellung, wie sie als wirklicher Gegenstand außer mir für mich ist.

Ich, wenn ich kein Geld zum Reisen habe, habe kein Bedürfnis, d.h. kein wirkliches und sich verwirklichendes Bedürfnis zum Reisen. Ich, wenn ich Beruf zum Studieren, aber kein Geld dazu habe, habe keinen Beruf zum Studieren, d.h. keinen wirksamen, keinen wahren Beruf. Dagegen ich, wenn ich wirklich keinen Beruf zum Studieren habe, aber den Willen und das Geld, habe einen wirksamen Beruf dazu. Das Geld – als das äußere, nicht aus dem Menschen als Menschen und nicht von der menschlichen Gesellschaft als Gesellschaft herkommende allgemeine – Mittel und Vermögen, die Vorstellung in die Wirklichkeit und die Wirklichkeit zu einer bloßen Vorstellung zu machen, verwandelt ebensosehr die wirklichen menschlichen und natürlichen Wesenskräfte in bloß abstrakte Vorstellungen und darum Unvollkommenheiten, qualvolle Hirngespinste, wie es andrerseits die wirklichen Unvollkommenheiten und Hirngespinste, die wirklich ohnmächtigen, nur in der Einbildung des Individuums existierenden Wesenskräfte desselben zu wirklichen Wesenskräften und Vermögen verwandelt. Schon dieser Bestimmung nach ist es also schon die allgemeine Verkehrung der Individualitäten, die sie in ihr Gegenteil umkehrt und ihren Eigenschaften widersprechende Eigenschaften beilegt.

Als diese verkehrende Macht erscheint es dann auch gegen das Individuum und gegen die gesellschaftlichen etc. Bande, die für sich Wesen zu sein behaupten. Es verwandelt die Treue in Untreue, die Liebe in Haß, den Haß in Liebe, die Tugend in Laster, das Laster in Tugend, den Knecht in den Herrn, den Herrn in den Knecht, den Blödsinn in Verstand, den Verstand in Blödsinn.

Da das Geld als der existierende und sich betätigende Begriff des Wertes alle Dinge verwechselt, vertauscht, so ist es die allgemeine Verwechslung und Vertauschung aller Dinge, also die verkehrte Welt, die Verwechslung und Vertauschung aller natürlichen und menschlichen Qualitäten.

Wer die Tapferkeit kaufen kann, der ist tapfer, wenn er auch feig ist. Da das Geld nicht gegen eine bestimmte Qualität, gegen ein bestimmtes Ding, menschliche Wesenskräfte, sondern gegen die ganze menschliche und <567>natürliche gegenständliche Welt sich austauscht, so tauscht es also – vom Standpunkt seines Besitzers angesehn – jede Eigenschaft gegen jede – auch ihr widersprechende Eigenschaft und Gegenstand – aus; es ist die Verbrüderung der Unmöglichkeiten, es zwingt das sich Widersprechende zum Kuß.

Setze den Menschen als Menschen und sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen etc. Wenn du die Kunst genießen willst, mußt du ein künstlerisch gebildeter Mensch sein; wenn du Einfluß auf andre Menschen ausüben willst, mußt du ein wirklich anregend und fördernd auf andere Menschen wirkender Mensch sein. Jedes deiner Verhältnisse zum Menschen – und zu der Natur – muß eine bestimmte, dem Gegenstand deines Willens entsprechende Äußrung deines wirklichen individuellen Lebens sein. Wenn du liebst, ohne Gegenliebe hervorzurufen, d. h., wenn dein Lieben als Lieben nicht die Gegenliebe produziert, wenn du durch deine Lebensäußrung als liebender Mensch dich nicht zum geliebten Menschen machst, so ist deine Liebe ohnmächtig, ein Unglück. |XLIII|| Ökonomisch-philosophische Manuskripte
marx
marx1











Eine der schönsten Passagen in seinem Werk ... Man bedenke:
Jedes deiner Verhältnisse zum Menschen – und zu der Natur – muß eine bestimmte, dem Gegenstand deines Willens entsprechende Äußrung deines wirklichen individuellen Lebens sein. - und frage nach den Bedingungen, unter denen wirklich individuelles Leben in diesem Sinne denkbar ist ...


Im Sinne der Verbreitung nützlichen Wissens hier nochmal der Hinweis auf die OnlineMEW.
Oder auch hier nochmal ...

Update 2010:
dctp.tv: Philosophie des Geldes

Wirklichkeit

Dialogfetzen aus einem TV-Film, eben bei 3SAT, - so oder so ähnlich:

... das Typische an einer paranoiden Störung: Ungereimtheiten ... Sie haken nach ... und irgendwann wird die Wirklichkeit zu einer einzigen Bedrohung ...

Was, wenn die Wirklichkeit eine einzige Bedrohung wäre .../ ist ...?

(Ratten-) Hirnforschung stellt Kinderpsychologie auf den Kopf (?!)

Angst wird von ganz kleinen Kindern höchstwahrscheinlich ganz anders im Gedächtnis abgespeichert als von älteren - aber überraschenderweise auch ganz anders, als sich die Kinderpsychologie das bisher vorstellte. Dies legte eine Studie nahe,
die in der aktuellen Ausgabe des Journal of Neuroscience veröffentlicht wird.

Der Annahme liegt eine Vergleichbarkeit neuronaler Prozesse zwischen Ratten und Menschen zugrunde. Wissenschaftler der psychologischen Fakultät der University of New South Wales
in Sidney, Jee Hyun Kim und Rick Richardson, testeten das Verhalten von Razten, denen zunächst beigebracht wurde, dass einem bestimmtes Geräusch ein "milder Schock" auf dem Fuß folgte. Später
hörten sie nur das Geräusch, ohne Folgen. Dabei verlernten
sie die Angst wieder.

Das Auslöschen von Gedächnisinhalten, die mit der erlernten Angst verknüpft werden, wird einer bestimmten Gehirnregion zugewiesen, der Amygdala (Mandelkern).


In einer weiteren Runde wurde den Ratten erneut Angst gelehrt, dem Geräusch folgte wieder ein Schock. Danach sollten die Ratten die Angst wieder verlernen. Die beiden Forscher Jee Hyun Kim und Rick Richardson betäubten diesmal aber die Amygdala der Ratten. Es stellte sich heraus, dass nur die mindestens 23 Tage alten Ratten dazu imstande waren, ihre Furcht zu vergessen. Die jüngeren Ratten konnten ihre Angst nur mithilfe des Mandelkerns verlernen.

Kim und Richardson folgerten, dass der Prozess der Angstbewältigung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr von
der Amygdala, sondern von anderen Mechanismen übernommen wird. Im Gegensatz zur bisher in der Kinderpsychologie herrschenden Meinung heisst dies aber nicht, dass Ängste von kleinen Kindern zu
hartnäckigen Traumatisierungen führen müssen, weil der
Löschvorgang über die Amygdala nach Ansicht der beiden
Wissenschaftler im Gegensatz zu dem über die später erlernten
Mechanismen bei den Ratten "vollständiger" zu sein schien.


08.02.2008

https://www.lern-psychologie.de/grafik/mietzel_entw/129.gif
Was macht denn der Onkel da?
Ich fänd ja besser:
Kinderpsychologe stellt Hirnforscher auf den Kopf
An dem Text ist dreierlei bemerkenswert:
1. Entweder ist das Forschungsergebnis windig oder die Zusammenfassung schlecht:
2. Der Hypothese/Vermutung ("höchstwahrscheinlich") liegt die Annahme einer Vergleichbarkeit neuronaler Prozesse zwischen Ratten und Menschen zugrunde, oder ?
3. Die Schlussfolgerung, Ängste von kleinen Kindern müssten nicht zu ... Traumatisierungen führen, weil der Löschvorgang über die Amygdala nach Ansicht der beiden Wissenschaftler ... bei den Ratten vollständiger zu sein schien..., ist so zwingend, dass man gefahrlos gleich anfangen kann, "ganz kleine Kinder" (auch ein schöner Begriff im wissenschaftsjournalismus) zu treten.

Vermutlich ist ja schon das doofe Konditionierungsmodell völlig untauglich, die Entstehung von Angst beim Menschen zu erforschen, - un d vermutlich unterschätzt es auch die Psyche der Ratte! Andererseits: Wenn ich "Hirnforschung" lese, kriege ich neuerdings immer Angst!




Erkenntnisproblem

Sadurski
Wir unterscheiden sie als Beobachter 1. Ordnung. Die sind damit beschäftigt direkt und unmittelbar alles zu beobachten, was in ihrem Umfeld vorkommt und sie angeht. Und als Beobachter 2. Ordnung. Sie sind damit beschäftigt, gleichsam von oben herab oder von außen die Beobachter 1. Ordnung beim ihrem Beobachten zu beobachten.
Der Philosoph Hilary Putnam eröffnet sein Werk „Vernunft, Wahrheit und Geschichte“, mit folgendem Gedankenexperiment:
„Eine Ameise kriecht im Sand umher, und beim Kriechen zieht sie eine Linie in den Sand. Durch reinen Zufall verlaufen die Kurven und Überschneidungen der Linie derart, dass sie zum Schluss aussieht wie eine erkennbare Karikatur von Winston Churchill. Hat die Ameise, so fragt er, ein Bild von Winston Churchill gezeichnet? Ein Bild, das Churchill abbildet?“
Das kann der in 2. Ordnung beobachtende Philosoph nicht wissen. Denn was die Ameise beim Kriechen im Sand in 1. Ordnung beobachtet und tut, wird sich ihm niemals erschließen. Nicht einmal das, was er als Beobachter der Spuren der Ameise im Sand unmittelbar zu sehen und gar als wahr zu erkennen glaubt, kann er als sichere Erkenntnis werten. Er kann, was er sieht nur deuten.

aus:
Wulf Krause: Der zersplitterte Spiegel
Versuch einer Reflexion auf 125 Jahre Ricarda-Huch-Schule

Systemtheorie I
Jede Menge Anregungen zur Behebung von Ereknntnisproblemen bei Wolfram Pfreundschuhs Kulturkritik!

Wenn Hirnforschung Sozialwissenschaft ist

Es stand zu lesen
unter dem Titel
VON MÄUSEN UND MENSCHEN
ein Artikel von
Matthias Greffrath
in der TAZ

Vor einigen Wochen hörte ich einen Vortrag des Gehirnforschers Gerald Hüther. Auch er projizierte Gehirn-Scans, die zeigten, wie irrwitzig wenige unserer zerebralen Möglichkeiten wir nutzen, wie formbar und verletzlich unsere Intelligenz ist, wie abhängig unser mentales Wachstum von Erfahrungen. Das alles unterschied ihn nicht von seinen Kollegen. Aber dann kam der Satz, der den Horizont verschob: “Die Gehirnforschung ist eine Sozialwissenschaft!”

Das Gehirn ist ein soziales Organ. Und Leben ist Lernen. Schon lange vor der Geburt. Und nicht erst beim Menschen.

So verblasst der Glanz der Gene im Licht der Entwicklungsbiologie. Vielleicht wird von ihrer determinierenden Rolle nur die Form unserer Nasen bleiben und die Länge unserer Beine.

Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, dann kommt es darauf an, die Umstände menschlich zu bilden. Das ist ein Gemeinplatz. Interessant ist nur, dass nun die isolierende Naturwissenschaft vom Menschen uns mit Fotos aus dem Inneren unserer Seelenapparate “beweisen” kann, dass der Humanismus - und seine Normen - ein Fundament in unserer Natur finden. Und da geht es um weit mehr als um Intelligenz. Kinder der Liebe, von Eltern ohne Zukunftsangst, werden gesünder und kräftiger - so steht es in Kleists “Brief an einen jungen Maler”. Das ist Poesie. Und nun kommt aus dem Magnetresonanztomografen die Bestätigung: Es stimmt.

Der Vortrag des Neurobiologen erinnert mich an einen anderen, den ich vor Jahren hörte. Der Molekularbiologe Gottfried Schatz (sagte), die “Gnade unseres großen Genoms” erlaube es uns, zu lernen, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen. Darin läge die Menschenwürde.

Oder: die Würde des Lebens überhaupt. Und seine Schönheit.

In unserer Zivilisation werden diese Erkenntnisse zum Bau immer neuer chemischer Krücken benutzt, die uns helfen, in der Welt, wie sie nun einmal ist, zurechtzukommen.

Sie könnten aber auch ganz anders wirken:
Eine Embryologie, die nicht die Retortenzeugung perfektioniert, sondern mit Technik und Fantasie die vorgeburtlichen Erfahrungswelten nachvollziehbar macht; eine Biochemie, die uns nicht Oxytozinpräparate gegen Bindungsangst beschert, sondern auch etwas über Verhältnisse sagt, die Vertrauen in Menschen produzieren; eine Molekularbiologie, die uns erzählt, dass wir von weit kommen und noch weit gehen könnten, und damit den “mystischen Gefühlen” der Religion eine reale Basis gibt.

Wir haben zwei Wissenskulturen, heißt es immer. Das stimmt, aber ich vermute, die Grenze verläuft nicht zwischen Geistes- und Naturwissenschaften, sondern hängt davon ab, was wir wissen wollen von den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen wir wissen wollen.

via michael.schmidt @ Tagesspiegel Weblogs
Da in der Nähe auch:
Hirnforscher Manfred Spitzer: "Kinder lernen besser ohne Computer"
... könnte ja was dran sein! Lesen (am Computer)!

Gesundheit!

Antonovsky... hat die Grundlagen seiner Theorie schon in den siebziger Jahren veröffentlicht. Schon in seinem ersten Buch Health, stress and coping (Gesundheit, Stress und Bewältigung, 1979) hat er bündig festgestellt: "Menschen mit einem Mangel an Widerstandsressourcen erkranken". In einer präziseren Ausarbeitung seines Konzeptes (How people manage stress an stay well, 1981, deutsch unter dem Titel Salutogenese, 1997) hat er dann einen "Sense of Coherence" (= SOC) als entscheidende derartige Widerstandsressource beschrieben. In Antonovskys eigenen Worten, einem Vortrag von 1993 entnommen, geht es dabei "um eine globale Orientierung, in der sich das Maß an intensivem, konstantem und zugleich dynamischem Vertrauen darauf widerspiegelt, dass erstens die Anforderungen unserer inneren und äußeren Umwelt strukturiert, erklärbar und vorhersagbar sind, und dass zweitens all die Mittel verfügbar sind, die wir brauchen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Und drittens darauf, dass diese Anforderungen für uns Herausforderungen sind, die unseren Einsatz und unser Engagement verdienen".

Schematisch zusammengefasst, besteht das "Kohärenzgefühl" (diese Übersetzung hat sich im Deutschen eingebürgert) aus einer - unbewussten und schon früh gelernten - Lebensstrategie mit drei Dimensionen: dem Vertrauen darauf, dass die Ereignisse des Lebens - im Prinzip - vorhersehbar und erklärbar sind, dass die Schwierigkeiten des Lebens - im Prinzip - gemeistert werden können, und dem Gefühl, dass diese Welt es wert ist, sich aktiv in ihr zu engagieren.


Ich fürchte, die allgemeine Zunahme von Nicht-Gesundheit ist darauf zurück zu führen, dass dieses Gefühl abhanden kommt, wenn nicht schon abhanden gekommen ist ...

Aus einem interessanten Aufsatz von Till Bastian.

Karl Kraus "Die Fackel" online!

FK-16-404_a00011... Und ob denn das ewige Geheimnis, aus dem der Mensch wird, und jenes, in das er eingeht, wirklich nur ein Geschäftsgeheimnis umschließen, das dem Menschen Überlegenheit verschafft vor dem
Menschen und gar vor des Menschen Erzeuger. Wer
den Besitzstand erweitern will und wer ihn nur verteidigt
— beide leben im Besitzstand, stets unter und nie über
dem Besitzstand. Der eine fatiert ihn, der andere er-
klärt ihn. Wird uns nicht bange vor irgendetwas über
dem Besitzstand, wenn Menschenopfer unerhört geschaut,
gelitten wurden und hinter der Sprache des seelischen
Aufschwungs, im Abklang der berauschenden Musik,
zwischen irdischen und himmlischen Heerscharen, eines
fahlen Morgens das Bekenntnis durchbricht: »Was jetzt
zu geschehen hat, ist, daß der Reisende fortwährend die
Fühlhörner ausstreckt und die Kundschaft unaufhörlich
abgetastet wird«! Menschheit ist Kundschaft. Hinter
Fahnen und Flammen, hinter Helden und Helfern,
hinter allen Vaterländern ist ein Altar aufgerichtet, an
dem die fromme Wissenschaft die Hände ringt: Gott
schuf den Konsumenten! Aber Gott schuf den Konsu-
menten nicht, damit es ihm wohl ergehe auf Erden,
sondern zu einem Höheren: damit es dem Händler
wohl ergehe auf Erden, denn der Konsument ist
nackt erschaffen und wird erst, wenn er Kleider ver-
kauft, ein Händler. Die Notwendigkeit, zu essen, um
zu leben, kann philosophisch nicht bestritten werden,
wiewohl die Öffentlichkeit dieser Verrichtung von
einem unablegbaren Mangel an Schamgefühl zeugt.
Kultur ist die stillschweigende Verabredung, das Lebens-
mittel hinter dem Lebenszweck abtreten zu lassen.
Zivilisation ist die Unterwerfung des Lebenszwecks
unter das Lebensmittel. Diesem Ideal dient der Fort-
schritt und diesem Ideal liefert er seine Waffen. Der
Fortschritt lebt, um zu essen, und beweist zu Zeiten,
daß er sogar sterben kann, um zu essen. Er erträgt
Mühsal, damit es ihm wohl ergehe. Er wendet
Pathos an die Prämissen. Die äußerste Bejahung des
Fortschritts gebietet nun längst, daß das Bedürfnis
sich nach dem Angebot richte, daß wir essen, damit
der andere satt werde, und daß der Hausierer
noch unsern Gedanken unterbreche, wenn er uns
bietet, was wir gerade nicht brauchen. Der Fort-
schritt, unter dessen Füßen das Gras trauert und
der Wald zu Papier wird, aus dem die Blätter
wachsen, er hat den Lebenszweck den Lebensmitteln
subordiniert und uns zu Hilfsschrauben unserer Werk-
zeuge gemacht. Der Zahn der Zeit ist hohl; denn als
er gesund war, kam die Hand, die vom Plombieren
lebt. Wo alle Kraft angewandt wurde, das Leben
reibungslos zu machen, bleibt nichts übrig, was dieser
Schonung noch bedarf. In solcher Gegend kann die
Individualität leben, aber nicht mehr entstehen. Mit
ihren Nervenwünschen mag sie dort gastieren, wo in
Komfort und Fortkommen rings Automaten ohne
Gesicht und Gruß vorbei und vorwärtsschieben.


In dieser großen Zeit - Karl Kraus; Die Fackel: Heft 404, 5.12.1914
Der User verpflichtet sich, bei jedem Zitat die Quelle in folgender Form anzugeben:
Herausgeber: AAC - Austrian Academy Corpus
Titel: AAC-FACKEL
Untertitel: Online Version: "Die Fackel. Herausgeber: Karl Kraus, Wien 1899-1936"
Reihentitel: AAC Digital Edition Nr. 1
URL: https://www.aac.ac.at/fackel
Abrufdatum:


Eine Großtat ist anzuzeigen:
The Austrian Academy of Sciences is pleased to present:

The AAC digital edition of the journal »Die Fackel«, edited by Karl Kraus from 1899 to 1936, offers free online access to the 37 volumes, 415 issues, 922 numbers, comprising more than 22.500 pages and 6 million wordforms.
The AAC-FACKEL contains a fully searchable database of the entire journal with various indexes, search tools and navigation aids in an innovative and highly functional graphic design interface, in which all pages of the original are available as digital texts and as facsimile images.

Registrieren! Suchen! Finden! Lesen!
Und großen Dank an Zero G Sound für den Hinweis!

Nachtrag:
In Konkret 03 2007 :
Gerhard Henschel über Eva Menasses Kraus-Anpinkelei:
Anläßlich der Eröffnung des neuen Internetzugangs zur "Fackel" hat die sonst allgemein als zurechnungsfähig bekannte Eva Menasse ein neckisches Feuilleton veröffentlicht und den "Zeit"-Herausgeber Michael Naumann als deren einzigen bekennenden Leser bespöttelt. In den von Eva Menasse gezählten 22.500 Seiten der "Fackel", die Kraus von 1899 bis 1936 herausgegeben hat, ist sie als Leserin nicht heimisch geworden: "Man sucht hustend das Weite", schreibt sie. Den zeitgenössischen Lesern möge die "Fackel", Heft für Heft, zwar "durchaus verdaulich" erschienen sein; die Gesamtausgabe türme sich jedoch zu einem unzugänglichen "Phallussymbol" auf.

Der Einwand ist erstaunlich närrisch. Wenn das Faksimile der "Fackel" ein abschreckendes "Phallussymbol" wäre, könnte Eva Menasse, als lesefaule Banausin, auch die Weimarer Ausgabe der Werke Goethes mit ein paar flapsigen Bemerkungen abtun und überhaupt jede umfangreiche, das Zeitbudget einer Rezensentin über Gebühr strapazierende literarische Hinterlassenschaft.

In der "Fackel" kennt Eva Menasse sich nach eigener Aussage nur flüchtig aus, aber was von deren Herausgeber zu halten sei, glaubt sie bei ihrer kursorischen Lektüre so scharf erfaßt zu haben, daß sie annimmt, mit Schimpfnamen um sich werfen zu dürfen. Karl Kraus, der "Wiener Wahnsinnige", sei ein "Spinner" gewesen: "Jeder Publizist, der sich heute so unbeugsam, so eigensinnig, so hemmungslos kriegerisch verhielte wie Kraus, würde als Spinner betrachtet. Zu seiner Zeit war Karl Kraus ein Spinner."

Das ist nicht ganz unrichtig. Karl Kraus war so verrückt, als einziger deutschsprachiger Publizist im Ersten Weltkrieg gegen den Imperialismus der Mittelmächte und den Blutdurst der deutschen Kriegsdichter aufzubegehren und hernach die österreichische Öffentlichkeit aus ihrem faulen Frieden mit dem Gossenpressezaren Imre Békessy aufzuscheuchen, der es bis dahin gewohnt war, daß ihm willfährige Konjunkturritter des Geistes wie Thomas Mann und Alfred Kerr bedenkenlos die Eier kraulten und sich von ihm dafür bezahlen ließen: All das kann man in der "Fackel" nachlesen.

So unbeugsam, so eigensinnig und so kriegerisch wie Kraus könnten sich heute wie damals nur "Spinner" verhalten, schreibt Eva Menasse, aber da irrt sie sich. Es mag sein, daß sie als Mitarbeiterin der "FAZ" daran gewöhnt ist, sich anders zu verhalten als Karl Kraus, also beugsam, kooperativ und friedlich. "Kraussche Gedanken kann sich keiner mehr leisten", erklärt sie, doch damit hat sie nur ihr eigenes Gewerbe charakterisiert. Daß sie es sich nicht leisten könnte, in der "FAZ" Karl Kraus beizupflichten, glaubt man ihr gern. Doch es gibt es durchaus noch ein paar Menschen, die sich Kraussche Gedanken leisten können ohne Angst davor, eins auf den Deckel zu bekommen, von einem Herausgeber, der sich seine engen und höchst einträglichen Kontakte zur alleruntersten und schmierigsten Etage der Gossenjournaille von seinen freien Mitarbeitern nicht madig machen lassen will.

Journalisten, die hier mitspielen, um ihrerseits irgendwie über die Runden zu kommen, sollten so höflich und bescheiden sein, anderswo auszuspucken als gerade am Grab von Karl Kraus.
...

weiter

Update:
Karl Kraus - Die letzten Tage der Menschheit (Helmut Qualtinger) bei Zero G Sound

Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

Haftungsausschluss

The music featured on this blog is, of course, for evaluation and promotion purposes only. If you like what you hear then go out and try and buy the original recordings or go to a concert... or give money to a down on his luck musician, or sponsor a good busker, it may be the start of something beautiful. If your music is on this blog and you wish it removed, tell us and it shall be removed.

Archiv

Mai 2018
April 2018
März 2018
Februar 2018
Januar 2018
Dezember 2017
November 2017
Oktober 2017
September 2017
August 2017
Juli 2017
Juni 2017
Mai 2017
April 2017
März 2017
Februar 2017
Januar 2017
Dezember 2016
November 2016
Oktober 2016
September 2016
August 2016
Juli 2016
Juni 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
Dezember 2015
November 2015
Oktober 2015
September 2015
August 2015
Juli 2015
Juni 2015
Mai 2015
April 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Dezember 2014
November 2014
Oktober 2014
September 2014
August 2014
Juli 2014
Juni 2014
Mai 2014
April 2014
März 2014
Februar 2014
Januar 2014
Dezember 2013
November 2013
Oktober 2013
September 2013
August 2013
Juli 2013
Juni 2013
Mai 2013
April 2013
März 2013
Februar 2013
Januar 2013
Dezember 2012
November 2012
Oktober 2012
September 2012
August 2012
Juli 2012
Juni 2012
Mai 2012
April 2012
März 2012
Februar 2012
Januar 2012
Dezember 2011
November 2011
Oktober 2011
September 2011
August 2011
Juli 2011
Juni 2011
Mai 2011
April 2011
März 2011
Februar 2011
Januar 2011
Dezember 2010
November 2010
Oktober 2010
September 2010
August 2010
Juli 2010
Juni 2010
Mai 2010
April 2010
März 2010
Februar 2010
Januar 2010
Dezember 2009
November 2009
Oktober 2009
September 2009
August 2009
Juli 2009
Juni 2009
Mai 2009
April 2009
März 2009
Februar 2009
Januar 2009
Dezember 2008
November 2008
Oktober 2008
September 2008
August 2008
Juli 2008
Juni 2008
Mai 2008
April 2008
März 2008
Februar 2008
Januar 2008
Dezember 2007
November 2007
Oktober 2007
Juli 2007
Juni 2007
Mai 2007
April 2007
März 2007
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006
August 2006
Juli 2006
Juni 2006
Mai 2006
April 2006
März 2006
Februar 2006
Januar 2006
Dezember 2005
November 2005
Oktober 2005
September 2005
August 2005
Juli 2005
Juni 2005
Mai 2005
April 2005
März 2005
Februar 2005
Januar 2005

Credits


Aesthetik
Archäologie
Ästhetik des Widerstands
Aus der sozialen Überdruckkammer
Bildung
Futurologie
Kritische Psychologie
Lernen
Literatur unterrichten
Medial
Musik
Musikarchiv
Politik unterrichten
Trash
Unterrichten
Welterklaerung
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development