Ulrich Schacht befasst sich im Herbst-Heft von
TUMULT – Vierteljahresschrift für Konsensstörung mit der
Genealogie der Macht Angela Merkels: Power-Leasing ☛ PDF. Schacht ist eine - um es vorsichtig zu sagen -
schillernde Figur, sicherlich biografiebedingt schwerer Antikommunist und u.a. Autor der Preußischen Allgemeinen Zeitung und der Jungen Freiheit, aber auch der Süddeutschen ...
In dem Text befasst er sich mit George Packers umfangreichem Merkel-Portrait »
Die stille Deutsche« (2014 erschienen Im NewYorker;- ein
Kommentar dazu von Jakob Augstein) und weist Parker nach, dass er Merkel nicht verstanden hat, weil er nicht begreift, dass die von den linksdominierten Medien und Grünen wie Katrin Göring-Eckardt getrieben wird. Das ist schlechte rechte Verschwörungstheorie. Interessant finde ich diese Passage:
Das Machtgehäuse der Angela Merkel ist deshalb, bläst man
die Mythenschwaden, die über sie verbreitet werden, zur
Seite, ein geleastes: nicht vom Bürger, der ihrer Partei seine
Stimme gibt, sondern von denen, die ihr über das Verfahren
der medialen Kolportage ihre Stimme geben, indem sie
in Kommentaren, Analysen, Reportagen das Gerücht verbreiten,
dem Packer aufgesessen ist: Sie habe keine große
Ideologie, keine Ideen, sie sei blutleer und langweilig. Für die,
die das öffentlich kolportieren, muss und soll sie allerdings
auch keine haben, selbst wenn sie es scheinbar beklagen;
sie muss und soll sie nur übernehmen. Von anderen, die
darüber verfügen wie über ewige Wahrheiten: Auserwählte.
Eingeweihte. Die Avantgarde ...
Da ist ja auf den ersten Blick was dran: Man könnte das neue Branding als
Flüchtlingskanzlerin so deuten, als habe sie , wie Schacht meint,
es gelernt, von Kind auf an, geschmeidig Ideen zu übernehmen, die man selbst nicht hat, Ideologien, denen man genauso wenig glaubt, sie dann aber trotzdem auszusprechen, als wären es die eigenen. Um so vorwärts zu kommen, unter allen Umständen und Bedingungen.... Solch billig psychologisierende Denkfiguren finden sich ja häufig und die kommen ja auch gut an, weil sie dem Alltagsbewusstsein so vertraut sind. Was hier verkannt wird, ist der im Hinblick auf Herstellung von Gouvernementalität gelungene Ansatz Merkels und ihrer Spin Doctors, die
ewigen Wahrheiten der Avantgarde (
"Deutschland tut das, was moralisch und was rechtlich geboten ist. Und nicht mehr und nicht weniger." ... "Prinzip der Solidarität") für den Nebel zu nutzen, der über die Realpolitik gelegt wird. Ich wiederhole die vozügliche Definition des
Merkelianismus [
Seeßlens Definition in einem meiner Beiträge von 2006: anything new under the sun?]
... besteht aus einfachen Grundzutaten: Erzeugung eines Nebels von Harmonie, egal wie erkauft, gelogen, geträumt. Darunter: Stärkung der staatlichen Gewalt, Polizei, Überwachung, Militär, Geheimdienst. Darunter: Abbau des Staates als fürsorgendes und beschützendes Instrument der Gemeinschaft, Übereignung des Geschehens an die großen Spieler des Marktes. Darunter (und da schließt sich der Kreis): Erzeugung eines neuen Wir-Gefühls, in dem die Politik des Neoliberalismus als Schicksal angesehen wird, dem gegenüber nur familiäre Wärme und gleichzeitig Härte helfen kann.
Siehe unten!